Windkraft im Ruhrgebiet

Letztes Jahr stand ich auf der Halde bei Deusen und konnte nur in Richtung Westen blickend 25 Windräder zählen, mit dem Fernglas sogar knapp 60. In unserem ohnehin schon völlig verbauten Ruhrgebiet. Hier läuft offensichtlich etwas schief. Ich befürworte die Nutzung der Windenergie, sehe aber auch immer mehr die Auswüchse eines gedankenlosen Ausbaus.

Seit 2013 sind in Deutschland jedes Jahr etwa 5000 Megawatt [MW] Windenergie neu installiert worden. Das ist eine immense Steigerung gegenüber den Vorjahren. Und was macht die Wind-Branche? Sie jammert, sie würde abgewürgt. Das ist eine dreiste Lüge in Anbetracht der tatsächlichen Datenlage.

2017 war ein Allzeit-Rekordjahr beim Ausbau der Windkraft in Deutschland. Allein an Land wurden Windräder mit einer Leistung von 5.334 MW neu errichtet.
(Quelle: https://www.wind-energie.de/sites/default/files/attachments/page/statistiken/factsheet-status-windenergieausbau-land-2017-online.pdf)

Beispiele aus anderen Ländern zeigen, dass durch ein kontinuierliches Repowering die installierte Leistung und der reale Ertrag problemlos gesteigert werden können, ohne immer mehr Flächen zu verbrauchen.

Repowering:
Beim Repowering werden alte, weniger leistungsstarke durch neue, effizientere Windräder ersetzt. Normalerweise ist das mit einer Reduktion der Anlagenzahl verbunden. Im Rahmen eines fortlaufenden Repowerings könnten wir in Deutschland die installierte Kapazität innerhalb weniger Jahre problemlos verdoppeln, ohne weitere Flächen verbrauchen zu müssen, und könnten dabei viele kleine Windräder durch weniger große ersetzen. Das würde u. a. das Landschaftsbild beruhigen und die Gefahren für Fledermäuse und Vögel reduzieren.

Bereits 2011 verkündete der Bundesverband WindEnergie, man könne die Anzahl der Windräder halbieren, die installierte Leistung verdoppeln und den realen Ertrag verdreifachen. Das sagte wohlgemerkt DIE Lobbyorganisation für Windenergie in Deutschland.

„Repowering bietet unglaubliches Potenzial zur Steigerung der Energieerträge und für die Akzeptanz der Windenergie“, sagte Hans Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie, auf der Fachmesse HusumWindEnergy, die am Sonnabend schloss. Durch den Austausch von Altanlagen gegen neue, deutlich leistungsfähigere Räder könne die Zahl der Windanlagen halbiert, gleichzeitig jedoch die Leistung verdoppelt und der Ertrag verdreifacht werden.
Gute Geschäfte mit Second-Hand-Windrädern
Von Harald Czycholl | Stand: 21.11.2011
Quelle: https://www.welt.de/welt_print/wirtschaft/article9896059/Gute-Geschaefte-mit-Second-Hand-Windraedern.html

Repowering in Italien:
Die Firma Vestas hat Ende 2017 einen Auftrag für ein Repowering-Projekt in Italien erhalten. 16 neue Windräder werden 59 (!) Altanlagen ersetzen. Die installierte Leistung wird sich um 50 % erhöhen. Aufgrund technischer Innovationen wird der reale Ertrag deutlich höher liegen.
Quelle: IWR Online, 1.12.2017

Repowering am Isselmeer:
2017 wurde am Isselmeer ein Repowering-Projekt abgeschlossen. 50 Altanlagen wurden gegen 12 neue Anlagen ausgetauscht. Die installierte Gesamtkapazität hat sich dabei von 15 auf 90 MW versechsfacht. Bei der realen Produktion erwartet man eine Steigerung um das 10fache.
http://w3.windmesse.de/windenergie/pm/25430-zuidwester-ijsselmeer-niederlande-innogy-repowering-nearshore-enercon

Stromüberschüsse
2017 hat Deutschland knapp 50 Terawattstunden Strom exportiert. Wir erzeugen seit Jahren viel mehr Strom, als wir selbst verbrauchen. Wir könnten schon längst einen Teil der Braunkohle­kraft­werke abschalten.

Onshore und Offshore-Stromproduktion
Ende 2017 standen in Deutschland 30.215 Windräder, davon sind 996 Offshore-Anlagen. Das sind 3.3 % aller Anlagen. Diese 3,3 % produzierten 2017 jedoch 17,4 % des gesamten Windstroms. Weil die Anlagen größer und effektiver sind und der Wind über dem Meer kontinuierlicher weht. Allein durch einen – MODERATEN – Ausbau der Offshore-Windkraft könnten wir die Windstrom-Produktion deutlich steigern.

Drosselung bei Starkwind
Bei starkem Wind müssen viele Windräder gedrosselt oder abgestellt werden, weil sonst das Stromnetz überlastet wäre. Hier gehen Millionen kWh Strom jedes Jahr verloren. Wenn es technisch ausgereifte Lösungen für Speichermöglichkeiten des überschüssigen Stromes gäbe, z. B. die Erzeugung von Wasserstoff (Power to Gas) oder Wärme (Power to Heat), dann wären die Windanlagen besser ausgelastet. Ohne diese Speichermöglichkeiten haben wir aber bereits jetzt eine Überkapazität an Windstrom.

Und was machen wir im völlig zugebauten und verschandelten Ruhrgebiet? Wir nehmen den Landwirten gepachtete Ackerflächen weg und zerstören die letzten freien Flächen, die wir hier noch haben. Dabei ist der Flächenverbrauch der letzten Jahre ein Riesenproblem. Er ist neben dem Maisanbau einer der Hauptverantwortlichen für den grassierenden Artenschwund.

Das Ruhrgebiet ist prädestiniert für Solarenergie. Wenn es hier irgendetwas reichlich gibt, dann sind das Dächer und Fassaden. Hier sollten wir ansetzen, zumal die Preise für Solarmodule ständig fallen.

Noch einmal, ich befürworte die Nutzung der Windenergie. Aber ich bin entschieden gegen diesen planlosen und rücksichtslosen Ausbau, wir wir ihn momentan erleben.

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